Seit es Menschen gibt, gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit den Wunsch, einen geschützten Raum zu haben. Eine Behausung, die so stabil wie eine Steinhöhle ist, aber auch ein Ort sein soll, der der eigenen Lebenswelt entspricht. Ein Wunsch, dessen Erfüllung nicht allein handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch Kenntnisse von Statik und Materialbeschaffenheit erfordert.
Berühmte Architekten und prägende Persönlichkeiten
Im Laufe der Geschichte entwickelte sich folglich ein für kompliziertere Bauvorhaben kompetenter Berufsstand, der der Baumeister und Architekten. Viele dieser Experten schufen innovative Bauwerke, die nicht nur bestehende sakrale oder profane Wertvorstellungen von Herrschaft oder Kultur umsetzten, sondern die selbst durch ihre Architektur kulturelle Fortschritts-Akzente setzten. Hier jetzt eine kleine, subjektive Auswahl von berühmten Architekten (und einer Architektin), die mit ihrer Arbeit die Welt verändert haben.
Meister Gerhard (ca.1215 – ca. 1270)
Vom privaten Leben des ersten Dombaumeisters des Kölner Doms ist kaum etwas bekannt. Dafür aber von seinem Wirken als Weichensteller in der Gründungsphase von Kölns späterem Wahrzeichen, der wohl imponierendsten Kirche in Deutschland. Meister Gerhard ist es wesentlich zu verdanken, dass die Vorstellungen der Dombauhütte von einem gewaltigen, im damals hochmodernen Stil der Gotik errichteten Großbau umgesetzt wurde. Dabei hat sich Meister Gerhard vom Stil französischer Gotik-Kathedralen inspirieren lassen. Baubeginn des Doms war 1248. Meister Gerhard hat den Bau der Kirche zwei Jahrzehnte geleitet, dann ist er in Folge eines Arbeitsunfall auf der Dombaustelle gestorben.
Filippo Brunelleschi (1377 – 1446)
Der Florentiner Brunelleschi, der auch als Bildhauer erfolgreich war, gehörte in der italienischen Frührenaissance zu den wichtigsten Baumeistern. Sein berühmter, achteckiger Kuppelbau der Kathedrale von Florenz wird von Fachleuten als architektonischer Beginn der Renaissance gewertet.
Andrea Palladio (1508 – 1580)
Noch Jahrhunderte nach dem Tode des in Padua geborenen Architekten Andrea Palladio sind seine als „Palladismus“ bezeichneten, vom Neoklassizismus teilweise aufgegriffenen Vorstellungen von gleichermaßen schlicht-eleganten wie repräsentativen Außenwirkungen in der Baukunst übernommen worden. So zum Beispiel bei dem Mitte des 19. Jahrhunderts in der portugiesischen Hafenstadt Porto erbauten Börsenpalast (Palacio da Bolsa).
Palladio, der von der Architektur der römischen Antike, speziell damaliger Villen, fasziniert war, gilt als einer der größten italienischen Architekten seiner Zeit. Zu Palladios wichtigsten Bauten zählen die Villa Rotunda in Vicenza und die Villa Emo in Vedelago. Palladios Einfluss auf nachgeborene Architekten-Generationen ist auch seinem reichen fachtheoretischen Schriftwerk zu verdanken.
Christopher Wren (1632 – 1723)
Der Engländer Sir Christopher Wren war im Erstberuf studierter Astronom. Als Autodidakt beschäftigte er sich aber so intensiv und erfolgreich mit Baukunst, dass seine eklektizistisch mit Barock- und Gotik-Elementen ergänzten, in ihren Grundzügen streng klassizistischen Bauten lange Zeit stilprägend für repräsentative Sakral- und Profanbauten waren. Sein enormer Einfluss lässt sich allein schon wegen der Tatsache feststellen, dass er nach dem „Großen Brand“ 1666 in London verantwortlich für den Wiederaufbau von mehr als 52 Kirchen war. Darunter auch sein bekanntestes Werk: die St. Paul´s Cathedral.
Dieser mächtige Kuppelbau war Vorbild für das zweihundert Jahre später erbaute Capitol in der US-Hauptstadt Washington und etliche andere Parlamentsbauten weltweit. Weitere prominente Wren-Bauten sind der 1702 eröffnete königliche Palast Hampton Court in einem Londoner Außenbezirk, die Wren Library (1695) der Universität Cambridge und das Greenwich-Observatorium (1675).
Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699 – 1753)
Knobelsdorff hat durch sein Wirken im königlichen Auftrag die Architektur in Berlin und Potsdam zur Zeit des preußischen Monarchen Friedrich II. entscheidend geprägt. Knobelsdorff hatte 13 Jahre als Soldat gedient und sich autodidaktisch zum Architekten ausgebildet. Gefördert von Friedrich II. ergänzte Knobelsdorff bestehende Bauten wie Schloss Charlottenburg oder das Potsdamer Stadtschloss im Stil des „Friderizianischen Rokoko“. Sein berühmtestes Werk wurde das 1745 bis 1747 erbaute, für die preußische Version der absolutistischen Aufklärung stehende Schloss Sanssouci in Potsdam.
Karl Friedrich Schinkel (1781 – 1841)
Noch berühmter und für das Stadtbild Berlins noch nachhaltender prägend als Knobelsdorff war der preußische Architekt und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel. Der vom Preußen-König Friedrich Wilhelm III. zum Chef der Oberbaudeputation, die für alle staatliche Bauten das Aufsichtsrecht hatte, ernannte Schinkel verband Klassizismus, die er auch als Symbol für die Aufklärung preußischer Prägung verstand, mit (Neo-)Gotik. Er schuf als Architekt zwischen 1800 und 1841 bis heute vor allem in Berlin nachwirkende Gebäude wie die Neue Wache an der Prachtstraße Unter den Linden. Er schuf auch das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, das wie das Alte Museum auf der Museumsinsel als ein Hauptwerk des Klassizismus in Deutschland gilt.
Zu Schinkels wichtigsten Beispielen auf Gotik ausgerichteter Architektur zählen die Friedrichswerdersche Kirche am Werderschen Markt und die 1962 von DDR-Behörden abgerissene Bauakademie am heutigen Schinkelplatz. Die Bedeutung, die Schinkel zugeschrieben wird, zeigt sich nicht nur in der Benennung dieses Platzes, sondern auch an der Entschließung des Deutschen Bundestages im Jahr 2016, die Bauakademie an ihrem alten Platz wieder aufzubauen. Erhaltene Schinkelsche Schöpfungen sind außerhalb von Berlin unter anderem in Potsdam (Römische Bäder, Schloss Babelsberg, Schloss Charlottenhof), in Aachen (Elisenbrunnen) und in Dresden (Altstädtische Hauptwache) zu bewundern.
Schinkel hat nicht nur mit Großbauten Architekturgeschichte geschrieben, sondern auch mit zahlreichen relativ kleinen Objekten wie dem wie ein gotisches Tabernakel gestaltete Nationaldenkmal in Berlin-Kreuzberg oder das Eiserne-Kreuz-Siegeszeichen der Quadriga auf dem Brandenburger Tor.
Gustave Eiffel (1832 – 1923)
Der französische Ingenieur Gustave Eiffel war bereits Jahrzehnte als erfolgreicher Konstrukteur von Brücken tätig gewesen, als er mit einer architektonischen Glanzleistung weltberühmt wurde: dem Eiffelturm in Paris. 1887 hatte Eiffel nach einem Ausschreibungs-Wettbewerb den Auftrag bekommen, für die anlässlich des 100. Jahrestages des Sturms auf die Bastille veranstaltete Pariser Weltausstellung 1889 ein riesiges Eingangsportal zu schaffen. In 27 Monaten Bauzeit wurde unter der Leitung von Eiffel auf dem Pariser Marsfeld ein 324,82 m hoher Turm geschaffen, dessen vierbeinige Basis das gewünschte Eingangstor darstellte.
Für die nicht bei allen zeitgenössischen Parisern mit Begeisterung aufgenommene Gitter-Konstruktion wurden etwa 10.000 Tonnen Eisenstahl verbaut. Der Eiffelturm mit seinen drei Etagen ist zum Wahrzeichen von Paris geworden. Sein Erbauer erlebte 1893 im Zusammenhang mit dem Konkurs der Panama-Kanal-Gesellschaft eine wirtschaftliche Krise. Er hat später noch Furore im für den Flugzeugbau wichtigen Bereich der Windkanal-Forschung machen können.
Ludwig Mies van der Rohe (1886 – 1969)
Das von dem gebürtigen Aachener Ludwig Mies van der Rohe entwickelte Moderne-Konzept verband weitgehende Wahlfreiheit der umbauten Flächen mit filigranen Stahlkonstruktionen als tragende Elemente mit bis dahin ungewöhnlich großen Glasflächen. Mies van der Rohes Konzept hatte großen Einfluss auf die als „International Style“ beschriebene Richtung der modernen Architektur. Mies van der Rohe, der sich spätestens durch seine Mitwirkung beim Aufbau der Berliner Weißenhof-Siedlung (1927) einen Namen gemacht hatte, erschuf für die im Mai 1929 eröffnete Weltausstellung in Barcelona seine berühmteste Arbeit: ein als „Barcelona-Pavillon“ bezeichnetes Wohnhaus.
Auf der kurz vor Ausbruch der politisch so desaströsen Weltwirtschaftskrise beginnenden, insgesamt fast sechs Millionen Besucher anziehenden Exposició Internacional de Barcelona sollte der deutsche Pavillon ein steingewordenes Statement für die Weimarer Republik sein; als ein modernes Land mit Fortschrittswillen und innovativen Wirtschafts- und Gesellschaftsideen. Die klare Konstruktion des Pavillons mit seiner nicht einengenden Raumeinteilung und den durch viel Fensterglas verbundenen Außen- und Innenbereichen wurde Inspiration für zahllose ähnliche Wohnhäuser.
1936 übersiedelte Mies van der Rohe, der von 1930 bis 1933 zeitweilig Direktor des Bauhauses gewesen war, in die USA. Hier schuf er eine Reihe von Architektur-Ikonen wie das College-Gebäude Crown Hall in Chicago (1956) oder den New Yorker Wolkenkratzer Seagram Building (1959).
Le Corbusier (1887- 1965)
Der den bürgerlichen Namen „Charles-Edouard Jeanneret-Gris“ tragende Le Corbusier wurde in der Welschschweiz geboren. Er hat 1930 die französische Staatsbürgerschaft angenommen. Le Corbusier gilt mit seiner Theorie von der Anpassung der architektonischen Formen an die Anfang des 20. Jahrhunderts Arbeits- und Alltagswelt betreffenden radikalen Veränderungen als einer der bedeutendsten Architekten seiner Zeit. Er postulierte in dem 1923 zusammen mit seinem Kollegen Pierre Jeanneret veröffentlichten Manifest „Fünf Punkte zu einer neuen Architektur“ vor allem Funktionalität, die eine eigene, schnörkellose Ästhetik zur Folge haben sollte.
Unter anderem favorisierte Le Corbusier den Ersatz von tragenden Mauern durch Betonstützen, Flachdächer mit Dachgärten sowie Langfenster. Le Corbusier schuf nach diesem Prinzip sowohl Einzel-Wohnhäuser als auch ganze Wohnsiedlungen, Wirtschafts-, Kultureinrichtungs-, Verwaltungs- und Sakralbauten. Zu seinen Schöpfungen zählen die 1955 fertiggestellte Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut im ostfranzösischen Ronchamp, das 1957 entworfene Corbusier-Haus mit 530 Wohnungen („Wohnmaschine“) in Berlin-Westend und das zwei Jahres später in Tokio eröffnete Nationalmuseum für westliche Kunst.
17 Corbusier-Bauwerke sind 2016 wegen ihrer Bedeutung für die „Moderne Bewegung“ in der Architekturgeschichte ins UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen worden. Was seine politischen Ansichten während der Vichy-Zeit angeht, steht der Vielgeehrte bei vielen Historikern wegen seiner damals gezeigten Haltung im Verdacht, zumindest Sympathisant rechtsextremen und rassistischen Gedankenguts gewesen zu sein.
Weitere berühmte Architekten
Außer den oben genannten Berühmtheiten gibt es natürlich noch viel mehr große Namen in der Welt der Baukunst. So etwa den des altägyptischen Baumeisters Imhotep, der im 3. vorchristlichen Jahrhundert für den Bau der weltältesten Stufenpyramide, der Djoser-Pyramide in Sakkara, verantwortlich war. Berühmt ist auch der Römer Apollodor von Damaskus (ca. 65 – ca.130), der die Hauptstadt des Imperiums mit nach Kaiser Trajan benanntenn Thermen, Forum und Tiber-Brücke verschönerte. Da gab es es den sächsischen Baumeister Matthäus Daniel Pöppelmann, der Anfang des 18. Jahrhunderts den Dresdner Zwinger als Machtdemonstration des Kurfürsten August des Starken erbaute.
Und ebenfalls in Mitteldeutschland, aber in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, setzen Walter Gropius und andere im Bauhaus Maßstäbe für die Weltmoderne. Im selben Land setzte dann des „Führers Architekt“ Albert Speer Maßstäbe in dumpf-monumentaler Machtverherrlichungs-Architektur. Von Finnland aus wirkte der „Vater des Modernismus“ Alvar Aalto und von Barcelona aus Antoni Gaudi, der Schöpfer der Sagrada Familia. In den USA schuf Frank Lloyd Wright die „Organische Architektur“ und von Großbritannien aus gelang es 2004 Zaha Hadid als erster Frau in der männerlastigen Architektur-Branche den renommierten Pritzker-Architektur-Preis zu gewinnen.