In vielen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland können geschichtsinteressierte Menschen noch heute zahlreiche Bunkeranlagen aus vergangenen Zeiten besuchen. Die Bunker geben Aufschluss über eine Zeit, die noch nicht allzu lange her ist und doch so fremd und unwirklich wirkt. Das 20. Jahrhundert war geprägt von zwei Weltkriegen, die unbeschreibliches Leid mit sich brachten und zahllose Todesopfer forderten. Von grauenhaft entstellten Opfern so genannter Giftgasanschläge bis hin zu den Millionen Opfern, die das Naziregime forderte: Deutschland hat eine bewegte Zeit hinter sich.
Sachsenbunker: Historische Mahnmale
Aus diesen Jahren existieren noch heute Bunker und Bunkeranlagen, die für die Nachwelt gut erhalten sind und jedes Jahr Menschen anlocken, um eine Zeitreise durch die deutsche Geschichte zu unternehmen. Ein beeindruckendes Beispiel der verschiedenen Bunker liefert das Bundesland Sachsen, das mit 10 Bunkern und Bunkeranlagen wichtige architektonische und auch militärhistorische Beweise der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte darstellt.
Der Bunker Königsbrück
Diese gesamte Anlage ist im Landkreis Bautzen in Ostsachsen und der westlichen Oberlausitz zu finden. Sie liegt auf dem heutigen Gemeindegebiet der Stadt Königsbrück. Sie existierte bereits um 1907 und erfüllte mit ihren rund 4500 Hektar Fläche ihren ersten Zweck als Truppen- und Schießübungsplatz der Königlich-Sächsischen Armee. Versehen mit Beobachtungsständen wurde die Anlage im Jahre 1919 durch die Reichswehr übernommen. In den Jahren 1930 bis 1942 errichtete die Wehrmacht schließlich mehrere unterirdisch gelegene Bunker. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm die Rote Armee die Bunkeranlage als Atombunker, als Schießübungsplatz und als Basis für ihre Raketen.
Mit dem Abzug der Roten Armee im Jahr 1992 wurde die Anlage nicht mehr genutzt. Heute befindet sich das komplette Areal im Naturschutzgebiet Königsbrücker Heide. Durch ihre erhöhte Einsturzgefahr kann die Bunkeranlage für die Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden, jedoch gibt es seit 2008 die Möglichkeit, den nahe gelegenen Haselbergturm zu besteigen. Mit einer Höhe von 34 Metern eignet er sich als optimale Beobachtungsplattform.
Der Führungsbunker der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Dresden
Es wird vermutet, dass die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Dresden diesen Bunker Anfang der 1970er Jahre als Ausweichführungsstelle erbauen ließ. Er erstreckt sich über eine Fläche von rund 750 m² und liegt in einem Waldstück zwischen den Städten Kamenz und Königsbrück im Landkreis Bautzen. Noch in den 1980er Jahren nutzt man den Bunker als Wachbunker, bevor er im Februar des Jahres 1990 an ein Bürgerkomitee übergeben und danach für einen kurzen Zeitraum zur Champignonzucht verwendet wurde.
Der Bunker wurde, nachdem die nächtliche Bewachung des Baus 1993 eingestellt wurde, ein häufiges Opfer zahlreicher Einbrüche. Schlussendlich wurde der Bunker im Jahr 2000 an die Gemeindeverwaltung übergeben, die eine letzte offizielle Begehung durchführte, den Verschluss der Bunkerzugänge veranlasste und die oberirdischen Bunkeranlangen abreißen ließ. Lediglich das mittlerweile privat genutzte, ehemalige Kommandantenwohnhaus ist heutzutage noch zu sehen.
Der Sachsenbunker Dittersdorf der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt
Als Ausweichführungsstelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt wurde dieser Bunker in den Jahren 1974 bis 1979 erbaut und erstreckt sich über eine Nutzungsfläche von rund 1300 m². Für den atomaren Notfall wurde der Bunker für eine Belegung von knapp 130 Personen ausgelegt. Für eine Überbrückung in einem solchen Fall sind sanitäre Anlagen, ein Lager für Lebensmittel und Notstromaggregate vorhanden. Zu finden ist die Bunkeranlage wenige Kilometer südöstlich vom heutigen Chemnitz entfernt.
Sie liegt auf der Dittersdorfer Höhe und gehört zur Gemeinde Amtsberg im Erzgebirgskreis im Südwesten von Sachsen. Im Jahr 1991 wurde die Anlage für den Besuch eines Bürgerkomitees zugänglich gemacht. 10 Jahre später wurde auf dem Gelände ein zwei Hektar großer Campingplatz mit 80 Stellplätzen für Wohnmobile errichtet, der bis heute existiert.
Das Sonderwaffenlager Großenhain
Diese Bunkeranlage diente als Sonderwaffenlager für atomare Waffen der Roten Armee und wurde in den Jahren 1972 bis 1974 erbaut. Das Gelände, auf dem er sich befindet, ist bereits ab 1945 bis in das Jahr 1993 von sowjetischen Einheiten als Militärflugplatz genutzt worden. Der Komplex liegt im Westen der Stadt Großenhain im Landkreis Meißen im Norden von Sachsen. Wurde der Bunker im Jahr 2000 noch vorübergehend als Garage genutzt, unterliegt er seit 2004 dem Denkmalschutz. Für die Allgemeinheit öffentlich zugänglich wurde das Areal das erste Mal im Jahr 2007, als dort von September an eine Flugplatzausstellung stattfand.
Hierfür wurde einer der beiden Fertigteil- und Lagerbunker für atomare Zünder vom Typ „Granit“ genutzt. Im April des Jahres 2010 kam es schließlich zum Abriss des Flugleitbunkers auf dem Flugplatz, dem der Abbau des letzten unterirdischen Bunkers seit Februar des Jahres 2020 folgt.
Der Sachsenbunker Taucherwald
Die Rote Armee begann im Januar des Jahres 1984 mit dem Bau des Geländes und errichtete noch zwischen 1986 und 1987 schwere Kasernengebäude. Bis August 1992 wurde das Gelände als Raketenlager und auch als Bunker für verschiedenste militärische Kraftfahrzeuge genutzt. Die Raketen wurden schon im Februar des Jahres 1988 abgezogen, sodass das gesamte Gelände zur Ausbildung für Militärkraftfahrer der sowjetischen Einheiten diente. Als diese Truppen 1992 schließlich abgezogen wurden, übergab man die Anlage schlussendlich an die Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland. 1994 und 1995 riss man die Kasernengebäude ab.
Im Jahr 1997 gründete sich der so genannte Förderverein Taucherwald, der drei Jahre später eine Naturschutzstation in einem der verbliebenen Dienstgebäude errichtete. Ortsansässige Bürger kämpfen seit Jahren darum, aus der Anlage eine Mahn- und Gedenkstätte zu machen und sie damit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bisher blieben jedoch alle diese Versuche ohne Erfolg. Die Anlage liegt auf dem Gebiet des Taucherwaldes. Dieser ist im Ortsteil Uhyst am Taucher der Gemeinde Burkau bei Bischofswerda gelegen. Sie liegt westlich von Bautzen im Osten von Sachsen.
Der Sachsenbunker Lübschützer Teiche der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig
Hier handelt es sich wieder um eine Ausweichführungsstelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig. Erbaut von 1968 bis 1972 auf einer Fläche von 5,2 Hektar mit einem 1500 m² großen Bunker, der als Ferienanlage der VEB Wasserversorgung getarnt wurde. Im Fall eines kriegerischen Angriffes hätten dort etwa 100 Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit Zuflucht finden können. Durch einen Zufall wurde Ende des Jahres 1989 die Anlage entdeckt, enttarnt und schließlich für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
1995 wurde das gesamte Areal unter Denkmalschutz gestellt und ist bis heute Teil der Leipziger Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“. Um Besuchern ein besonderes Erlebnis zu bescheren, wurden 2006 Informationstafeln auf dem Gelände aufgestellt, die einen Rundgang mit viel Wissenswertem ermöglichen.
Führungsbunker der 3. Armee der NVA bei Mosel
Auf etwa 40 Hektar Gelände wurden sechs Bunkerkomplexe zwischen 1978 und 1981 errichtet. Die Anlage befindet sich im Zwickauer Ortsteil Mosel und sollte im Ernstfall als Feldführungsstelle der 3. Armee der NVA dienen. Die Bundeswehr übernahm die Anlage 1990 und verkaufte sie 1995 an die Fahrzeugentwicklung Sachsen GmbH. Heute liegt das Areal samt Bunkeranlagen auf dem Gelände des Zwickauer Volkswagenwerkes.
Das Komplexlager 32 Lohmen
In der Nähe von Pirna auf dem Gemeindegebiet von Lohmenin lagerte man in einem unterirdischen Stollen ab 1965 schwach radioaktive Abfälle ein. Aus- und Umbau wurden zwischen 1984 und 1987 zu einem Komplexlager vorgenommen, nachdem 1983 das Ministerium für Nationale Verteidigung die Anlage übernahm. Die Nutzung erfolgte ab 1988 bis zur Übernahme der Bundeswehr 1990. Im Jahr 1997 verschloss man alle Zugänge. 10 Jahre später ging das Gelände in den privaten Besitz eines Motorradclubs über, der es gelegentlich für Veranstaltungen nutzt.
Der Sachsenbunker Wismut OV Aue der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt
1975 errichtete man den Bunker, der zu einem Teil als Ausweichführungsstelle, zum anderen Teil als Stelle der Gebietskoordinationsgruppe dienen sollte. Getarnt war die Anlage zwar als Sprengstofflager, genutzt wurde sie aber unter anderem auch als Abhörzentrale für das westliche Sachsen. Heute befindet sich die Anlage auf einem Privatgelände, ist aber nicht mehr zugänglich, da der Bunker vollständig zugeschüttet ist
Kossa-Söllichau
Diese Bunkeranlage wurde zwischen 1976 und 1979 von der NVA erbaut. Durch ihre Lage zwischen dem Laußiger Ortsteil Kossa und dem Ortsteil Söllichau der Stadt Bad Schmiedeberg kommt sie zu ihrem Namen. Im Kriegsfall sollten die sechs Bunker als Führungsstelle des Territorialen Militärbezirks III dienen. Außerdem sollten dort Ersatz- und Ausbildungsbrigaden organisiert werden. 1993 wird das Gelände von privaten Nutzern übernommen, die es 1997 sanieren. Seit 2002 gilt die Anlage als technisches Kulturdenkmal. Als Museum zieht es mittlerweile 12000 geschichtsinteressierte Besucher an.
Sachsenbunker: Eine Zeitreise in die Vergangenheit
Die Geschichte hinter den 10 Bunkeranlagen in Sachsen ist so vielfältig und interessant wie die Geschichte Deutschlands. Wer eine Zeitreise durch unsere Vergangenheit erleben möchte und sich für die Historie des Landes interessiert, für den ist eine Tour rund um die Bunker nicht nur empfehlenswert, sondern dringend angeraten. Neben der schönen Landschaft des Bundeslandes Sachsens kann man so auch auf einem Rundgang durch die militärische und architektonische Geschichte viel Wissenswertes erfahren und lernen.