Silber ist ein sehr gut dokumentiertes antimikrobielles Mittel, das nachweislich Bakterien, Pilze und bestimmte Viren abtötet. Genaugenommen sind es die positiv geladenen Silberionen (Ag+), die diese antimikrobielle Wirkung besitzen. Bereits 1893 berichtete der Schweizer Botaniker Carl Wilhelm von Nägeli über die olygodynamische Wirkung von Silber auf Mikroorganismen und schon lange davor benutzten die Phönizier Silber zur Aufrechterhaltung der Wasserqualität.
Silberionensperre: Informationen zur Verwendung
Schon lange wird Silber aufgrund seiner antibakteriellen Wirkung in der Medizin eingesetzt, um Entzündungen vorzubeugen und den Heilungsprozess zu beschleunigen. Silberionenhaltige Mittel waren in der Wundbehandlung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts weit verbreitet. Verantwortlich für die breite Wirksamkeit von Silber gegen Pilze, Viren und Bakterien sind die positiv geladenen Silberionen, die durch Oxidation von Silber beim Kontakt mit Flüssigkeiten und Feuchtigkeit entstehen. Silberionen durchdringen die Zellwände von Bakterien und bewirken durch die Hemmung lebensnotwendiger Umwandlungsprozesse in Mikroorganismen eine Blockade des Enzymsystems.
Silberionen inaktivieren Bakterienzellen, töten diese aber nicht ab. Nach einiger Zeit werden diese Bakterienzellen wieder aktiv. Versetzt man sauberes Trinkwasser mit Silberionen, wird dieses bis zu 6 Monaten vor einer Verkeimung geschützt. Die Wirkung von Silberionen beruht auf folgenden Punkten:
- Durch die Interaktion der Silberionen mit der Zellmembran wird die Anheftung von Keimen an ihren Untergrund verringert und dadurch deren Wachstumsbedingungen verschlechtert.
- Silberionen blockieren die zellulären Enzyme der Keime und stören somit deren Stoffwechsel, wodurch die Vitalität der Keime verringert wird.
- Silberionen verursachen durch irreversible Interaktionen mit schwefel- und phosphathaltigen Aminosäuren und Eiweißen Schäden im Zellinneren und unterbinden die DNA-Replikation.
Nachdem entdeckt wurde, dass Silber sich längerfristig im Organismus einlagert und diesen nachhaltig schädigen kann, ist heutzutage der Einsatz von Silberionen zur Trinkwassersterilisation weitgehend verboten. Silbereinlagerungen können folgende Schäden hervorrufen:
- Schädigung von Organen
- Schädigung des zentralen Nervensystems
- Störung des Gleichgewichtssinns
- Hervorrufen von Krämpfen und Schiwindelanfällen
Nanosilber wird zudem verdächtigt, für gewisse Allergien mitverantwortlich zu zeichnen sowie krebserregend zu sein. Ebenfalls nachgewiesen wurde, dass zahlreiche Mikroorganismen über die Zeit eine Silberresistenz entwickelten. Trotz seiner umstrittenen Wirkung findet Nanosilber nach wie vor Einsatz in Kosmetika und Wundauflagen. Nicht mehr wegzudenken sind Silberionen jedoch in der Industrie und in Laboren, wo sie in Form von Silberionensperren eine breite Verwendung finden.
Die Silberionensperre im Labor
pH-Messungen sind wohl die am häufigsten durchgeführten elektrochemischen Messungen. Der pH-Wert eignet sich als Messgröße zur Steuerung und Regelung chemischer und biotechnologischer Prozesse sowie als Grenzgröße zum Schutz von Materialen und Umwelt. Moderne Industrieprozesse stellen hohe Anforderungen an die Messelektroden. Für sämtliche Prozesse chemischer und biotechnologischer Art sind pH-Wert- und Temperaturmessungen unverzichtbar. Heutzutage arbeitet man hauptsächlich mit Einstabmessketten, die aus einer Glas- und einer Referenzelektrode (Bezugselektrode) mit integriertem Temperaturfühler bestehen.
Die Glaselektrode liefert das von der H+-Ionenkonzentration beeinflusste elektrochemische Potenzial. Da man nur Potenzialdifferenzen messen kann, braucht man einen festen Referenzpunkt – die Bezugselektrode mit ihrem konstanten elektrochemischen Potenzial. Diese Elektroden benötigen ein Diaphragma, um unerwünschte Fremdstoffe abzuweisen. Speziell bei pH-Messungen in Medien mit einem zu erwartenden hohen Gehalt an Eiweiß, Aminosäuren oder Sulfid kommt es häufig zu einer Verstopfung des Diaphragmas, wodurch die Lebensdauer der Elektroden deutlich reduziert wird und auch die Messgenauigkeit leidet durch unkontrollierte Temperaturschwankungen.
Besonders häufig tritt dieses Problem in pharmazeutischen und biotechnologischen Produktionsanlagen sowie der chemischen Industrie und der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie auf.
Durch den Einbau einer Silberionensperre in die Messelektroden werden die im Bezugselement gelösten Silberionen effizient zurückgehalten und können nicht in den Bezugselektrolyten gelangen, wodurch das Diaphragma sauber bleibt, der Sensor exakt messen kann und störende Fällungsreaktionen verhindert werden. Silberionensperren sind heute aus dem Laboralltag und der Industrie nicht mehr wegzudenken und sowohl in Elektroden mit und ohne integriertem Temperaturfühler vorhanden. Sie haben sich auch in schwefelwasserstoffhaltigem Prozess- und Abwasser bewährt. Silberionensperren zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:
- Sterilisierbarkeit
- Nullpunktstabilität
- niedriger Wechselstromwiderstand
- je nach Sensor unterschiedliche Temperaturfühler
- Anschlussmöglichkeit an sämtliche üblichen pH-Transmitter
Umwelt- und Materialschäden verhindern
Ein exakt gemessener pH-Wert trägt dazu bei, Umwelt- und Materialschäden zu verhindern, wenn im Falle einer Grenzwertüberschreitung ein Alarm getriggert wird. Vor der Entwicklung der Silberionensperre waren derartige Messungen durch die Diaphragmaverschmutzung und die unkontrollierten Temperaturschwankungen stets fehleranfällig und zufallsabhängig. Dadurch, dass ein Verstopfen des Diaphragmas verhindert wird, verlängert eine Silberionensperre dessen Lebensdauer und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Kostenreduktion. Zudem spart sie Ärger und Zeit, da das ständige Kontrollieren und notwendige Auswechseln der Elektroden wegfällt. Höhere Standzeiten und eine längere Lebensdauer der Elektroden führen zu einer spürbaren Reduktion der Betriebskosten.
Silberionensperren als Garant für funktionierende Referenzelektroden
Erst durch die Entwicklung der Silberionensperre wurde es möglich, Referenzelektroden zu entwickeln, die ihrem Zweck und ihrem Namen auch tatsächlich gerecht werden. Referenzelektroden erfüllen ihre Aufgabe nur, wenn sie andauernd eine exakte und konstante Bezugsspannung abliefern, denn nur so kann sichergestellt werden, dass sämtliche Messerergebnisse immer mit einem bestimmten und gleichbleibendem Bezugswert verglichen werden. Für Messsysteme im Rahmen der pH-Messung hat sich mit AgCl beschichteter Silberdraht durchgesetzt. Dieser sitz in einer Glaspatrone, die einen großen Vorrat an Silberchlorid aufweist, wodurch die Sättigung des Elektrolyten zu jeder Zeit gegeben ist.
Die Diffusionsstrecke bildet die Ableitung zur Elektrolytkammer, wodurch eine silberionenfreie KCl-Lösung verwendet werden kann. Die erwünschte Sperrwirkung wird beim Einsatz eines silberionenfreien Elektrolyten aufgrund der Tatsache erreicht, dass Silberionen, die die Neigung haben, aus der Elektrode in die Glaspatrone abzuwandern, zu Silber reduziert und schließlich an dem Metall der Sperre effektiv abgeschieden werden. Ergänzt wird dieser Prozess durch spezielle organische oder anorganische Redoxtauscher, die als Reduktionsmittel fungieren. Die Art des gewählten Reduktionsmittels hängt vom Verschmutzungsgrad ab, bei biotechnischen Prozessen ist ebenfalls zu beachten, dass bei der Reaktion keine toxischen Ionen gebildet werden.
Abdunkeln von Fenstern und Gläsern
Sonnenbrillen, deren Gläser sich automatisch abdunkeln oder aufhellen sind immer wieder mal modern. Ähnliche Verfahren werden zur Abdunkelung ganzer Fensterflächen eingesetzt. Da diese jedoch nicht umweltfreundlich sind, haben japanische Wissenschaftler dafür die Silberionensperre eingesetzt. Grundsätzlich gibt es drei Varianten, um Fensterscheiben aufzuhellen oder zu verdunkeln:
- thermotropes Glas trübt sich milchig ein,
- photochromes Glas, wie es bei Sonnenbrillen Verwendung findet, dunkelt sich ab,
- elektrochromes Glas kann lichteinfallsunabhängig mittels Knopfdruck umgeschaltet werden.
Nicht immer ist was im Labor zufriedenstellend funktioniert auch für industrielle Anwendungen geeignet. Die Verfahren sind im Vergleich zur klassischen Glasproduktion wesentlich teurer und auch die umweltfreundliche Entsorgung stellt eine Herausforderung dar. Bei photochromem Glas liegt Letzteres vor allem an den gesundheitsschädlichen Halogenen, die bei der Entsorgung oder bei Glasbruch freigesetzt werden können. Wissenschaftler rund um den Japaner Tetsuo Yazawa haben in der Silberionensperre einen Weg gefunden, auf Halogene zu verzichten.
Die Varianten im Überblick
Photochromes Glas basiert auf einem ähnlichen Effekt wie die Schwarz-Weiß-Fotografie. Die auf den Film auffallenden Lichtstrahlen spalten Moleküle aus Silber und einem Agenten wie Chlor, Jod oder Brom. Durch diese Teilung werden die Silberionen in Silberatome transformiert, die ein Cluster bilden und die entsprechenden Filmstellen je nach Stärke des Lichteinfalls dunkel verfärben. Dasselbe Prinzip kommt bei photochromem Glas zur Anwendung, wobei hier auch der umgekehrte Prozess zu berücksichtigen ist, da die Fensterscheibe nach dem Wegfall der Sonneneinstrahlung nicht dunkel bleiben, sondern wieder durchsichtig werden soll.
Das ist möglich, indem die Silberatome die davor aufgenommen Elektronen wieder verlieren und die Glasscheibe wieder vollständig transparent wird. Für dieses Kunststück braucht es einen Elektronenlieferanten, der die Silberpartikel versorgt. In der Vergangenheit waren das die umwelt- und gesundheitsschädlichen Halogene. Dem Japaner Tetsuo Yazawa gelang es, die bisher unerlässlichen Halogene durch eine Silberionensperre zu ersetzen. Auf der Suche nach dieser Lösung untersuchte er ein spezielles Gel-Elektrolyt, Elektroden sowie Ableitsysteme.
Das Ergebnis seiner Arbeit bildete ein Versuchsdesign, das Glas mit einem integrierten Abdunkelungsmechanismus nach dem Prinzip der Silberionensperre enthielt. Indem er einen Elektrospender in Form von Nitrat fand, konnte er das Halogen ersetzen.
Die Glasscheibe verfärbt sich bei UV-Einstrahlung gelblich, was den Lichteinfall deutlich reduziert. Zur Entfärbung muss das Glas erhitzt werden, was in der Industrie als Nachteil eingestuft wird, da der Herstellungsaufwand deutlich höher ist. Auch Gelb ist als Farbe nicht für alle Verwendungszwecke optimal, weshalb neuere Forschungen in die Richtung gehen, die Entfärbung ohne Erhitzung zu erreichen und eine differenzierte Farbgebung zu erlauben. Zudem hat thermotropes Glas gegenüber photochromem Glas den Vorteil, dass neben der Verdunkelung auch die durch die Scheibe eindringende Wärme verringert wird. Bei sinkenden Temperaturen wird die Glasscheibe von alleine wieder völlig transparent.
Silberionensperren in optischen Datenspeichern
Auch wenn immer wieder behauptet wird, die Forschung optische Datenspeicher stünde kurz vor dem Durchbruch, haben die immer höheren Speicherkapazitäten klassischer Speichermedien die Wirtschaftlichkeit optischer Datenspeicher bisher in Frage gestellt. Laut Tetsuo Yazawa und seinem Team könnte sich das jedoch rasch ändern, sollte sich die Silberionensperre auch für diesen Anwendungsbereich als brauchbare Lösung erweisen. Auf der Suche nach praktikablen Lösungen für optische Datenspeicher finden derzeit große Anstrengungen statt. Wann eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung die Marktreife erlangen wird, steht noch in den Sternen.
Die Unterbringung haltbarer Elektroden, die einer andauernden Belastung standhalten, stellt nach wie vor eine Herausforderung dar. Für gewisse Einsatzbereich könnten Gel-Elektrolyte eine gangbare Lösung sein, um eine höhere Flexibilität bei integriertem Schaltkreisdesign zu erlangen. Fest steht, die Silberionensperre hat nicht nur ihren festen Platz in Laboren und in der Industrie, sondern hat darüber hinaus den Weg für zahlreiche neue Entwicklungen bereitet.