Die Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden ist ein Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Thermografie kann dazu einen wesentlichen Beitrag leisten. Sie wird sowohl zur Qualitätssicherung und Überprüfung bei Neubauten als auch zum Aufdecken thermischer Schwachstellen und zur Festlegung gezielter Instandsetzungsmaßnahmen bei bestehenden Gebäuden eingesetzt. Dank technologischer Weiterentwicklungen ist die Thermografie mittlerweile auch im Sommer durchführbar, wodurch bis zum nächsten Winter sinnvolle Sanierungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Was spricht für oder gegen eine Thermografie im Sommer?
Thermografie im Sommer: Grundlegende Informationen
Als Thermografie bezeichnet man ein Verfahren, bei dem die Oberflächentemperatur von Objekten mittels Wärmebildkamera für das menschliche Auge sichtbar gemacht wird. Die Stärke der von einem Punkt ausgehenden Infrarotstrahlung dient dabei als Maß für die Temperatur. Diese wird durch das bildgebende Verfahren in elektrische Signale umgewandelt, aus denen die Auswertungselektronik Falschfarbenbilder erzeugt. In der Gebäudethermografie helfen Wärmebildkameras dabei, rasch und zuverlässig Anomalien und Schäden an der Gebäudestruktur sichtbar zu machen und Energieverluste zu orten. Grundsätzlich umfasst das Verfahren im Bereich der Bau- und Gebäudethermografie folgende Einsatzgebiete:
- Aufdecken von Baumängeln: Die Thermografie ist eine äußerst effiziente Methode, um Mängel im Bereich der Bausubstanz zu analysieren und bewerten sowie deren Qualität zu überprüfen. Mittels Wärmebildkameras können Wärmeverluste, Schimmelbildungen, Feuchtigkeit sowie undichte Stellen von Gebäuden sichtbar gemacht werden.
- Ortung von Dachleckagen: Mittels Thermografie lassen sich Leckagen an Flachdächern einfach und berührungslos orten. Durchfeuchtete Stellen speichern die Sonnenwärme länger, das Ausmaß der Durchfeuchtung kann folglich mittels Wärmekamera aufgespürt und eingegrenzt werden. Dadurch werden die Kosten der Sanierungsmaßnahmen reduziert und oftmals eine Komplettsanierung des Daches vermieden. Durch das Auffinden aller durchfeuchteten Bereiche werden zudem Folgeschäden und Schimmelbildung vermieden.
- Energieberatung: Sogenannte Wärmebrücken, also Gebäudebereiche, die Wärme besser leiten und damit schneller nach draußen transportieren, sind Energieverschwender. Durch die Thermografie werden fehlerhaften Stellen und Dämmungsprobleme sofort sichtbar und können effektiv behoben werden.
- Sichtbarmachung undichter Stellen im Heizungskreislauf: Wärmebildkameras können die Temperaturverteilung von Fußbodenheizungen sichtbar machen und undichte Stellen im Heizungskreislauf aufspüren. Auch etwaige Verschlammungen und Verstopfungen von Heizungsrohen können aufgedeckt werden und bei Heizkörpern kann mittels Thermografie überprüft werden, ob die Heizungsanlage einwandfrei funktioniert und die Temperaturen passen. Auch in Fernwärmenetzen lassen sich mittels Thermografie Leckagen in den Rohrleitungen orten.
- Nachweis von Feuchtigkeit und Schimmel: Durch die Thermografie werden feuchte Stellen und Ecken, die zu Schimmelbildung neigen, rasch aufgespürt. Schimmel wird hauptsächlich durch von außen eindringendes Wasser verursacht. Wärmebildkameras mit Taupunktalarm machen gefährdete Bereiche visuell sichtbar.
- Photovoltaik Thermografie: Zu den jüngsten Einsatzgebieten der Thermografie zählt die Untersuchung von Solaranlagen, durch die etwaige Hotspots auf den Modulen aufgespürt werden, die die Leistungsfähigkeit der Photovoltaikanlage stark beeinträchtigen.
Die Vorteile der Durchführung in den Sommermonaten
Noch vor einigen Jahren galt eine Thermografie im Sommer aufgrund der für aussagekräftige Ergebnisse zu geringen Temperaturunterschiede zwischen Haus und Umgebung als nicht sinnvoll. Mittlerweile gilt das nicht mehr. Bereits 1999 kam eine Studie des Fraunhofer-Instituts in Freiburg zu dem Ergebnis, dass eine Thermografie im Sommer unter gewissen Regeln durchaus sinnvoll ist und sich gerade während der Sommermonate überraschend viele Einsatzgebiete ergeben:
- Sämtliche thermografische Verfahren, die eine aktive Anregung durch Sonnenbestrahlung benötigen, werden am besten im Sommer durchgeführt. Dazu zählen beispielsweise das Auffinden von Fachwerkbalken unter dem Verputz oder die Analyse von Wärmedämmverbundsystemen. Bei der Überprüfung der Wärmedämmung lassen Aufnahmen mit der Wärmekamera nach der Besonnung Dübeln und etwaige Fugen im Thermogramm deutlich hervortreten.
- Mittels Thermografie lässt sich nach Eindringquellen sommerlicher Außenwärme suchen. Durch deren Beseitigung kann unter Umständen der Einbau einer Klimaanlage vermieden werden. Aber auch für die Einschätzung der Effizienz von Klimaanlagen ist eine Thermografie im Sommer sinnvoll.
- Im Sommer regnet es zwar weniger häufig als im Winter, dafür aber heftiger. Thermografische Untersuchungen über Trocknungsprozesse nach dem Eindringen von Wasser können speziell im Sommer Mängel in der Gebäudeabdichtung aufspüren. Durch die höheren Temperaturen sind die Verdunstung und damit auch die Verdunstungsabkühlung intensiver als im Winter, wodurch für die Untersuchung der Durchfeuchtung gerade die Sommermonate ideal sind.
- Auch das Ausmaß an Putzschäden lässt sich im Sommer besonders gut sichtbar machen. Schwere und tiefe Bauteile wie feuchte, massive Wände erwärmen sich nur sehr langsam, leichte Bauteile wie Putzablösungen hingegen sehr schnell, wodurch letztere in ihrem gesamten Ausmaß gut sichtbar gemacht werden können.
- Ist die Dachdämmung bereits in die Jahre gekommen, lässt sich ihre Dämmwirkung auch während der Sommermonate gut analysieren. An Stellen, an denen die Dämmung löchrig geworden ist, dringt die Hitze der durch die Sonneneinstrahlung aufgeheizten Dachpfannen rasch in den Dachraum ein, wodurch Schäden gut sichtbar werden.
Ein weiterer Grund für eine Thermografie im Sommer ist, dass etwaige Sanierungsmaßnahmen umgehend vorgenommen werden können. Wird hingegen ein unerwarteter Wärmeverlust durch eine Thermografie im Winter sichtbar gemacht, muss man mit der Einleitung geeigneter baulicher Maßnahmen meist bis zum Frühjahr oder Sommer warten, wodurch unter Umständen wertvolle Energie verpufft wird. Vor allem der Austausch von Fenstern oder die Dämmung von Dächern kann in der Regel nur während der warmen und trockenen Sommermonate erfolgen. Auch bei einer Fassadendämmung, die zwar bautechnisch auch im Winter durchführbar ist, ist eine Sommerbaustelle aufgrund der Gefahr einer Schimmelbildung besser.
Auch beim Verdacht auf Leckagen in alten Leitungen sollte keinesfalls bis zum Winter mit der Thermografie gewartet werden. Ein stetiger Wasserverlust verschwendet nicht nur wertvolle und teure Ressourcen, sondern schädigt auf Dauer auch die Bausubstanz. Unter Umständen entstehen durch unentdeckte Leckagen größere Bauschäden, die sich dann nur mit großem Aufwand beheben lassen.
Aktive Thermografie im Sommer
Von passiver Thermografie spricht man, wenn die vorherrschenden Wärmeverluste einfach als Kontrast zur deutlich kälteren Umgebungstemperatur im Winter sichtbar gemacht werden. Während der Sommermonate sind die Unterschiede zwischen Inne- und Außentemperatur meist geringer und lassen sich nicht so gut darstellen. Hier kommt dann die aktive Thermografie zum Einsatz. Im Gegensatz zur passiven Thermografie ermöglicht sie auch im Sommer Untersuchungen und erweitert das Einsatzspektrum von Wärmekameras. Bei dieser Methode werden die zu untersuchenden Gebäudeteile vorab durch Elektro-Heizlüfter oder die Sonne thermisch angeregt und anschließend der Erwärmungs- oder Abkühlprozess thermografisch analysiert.
Im Zuge dieser Aufheiz- oder Abkühlungsphase wird in der Gebäudesubstanz ein Wärmestrom erzeugt. Von außen unsichtbare Materialwechsel in den Bauteilen setzen dem Wärmestrom einen Widerstand entgegen oder beschleunigen beziehungsweise reflektieren diesen.
Diese Abänderungen im Wärmestrom lassen sich mittels Infrarot-Wärmekamera sichtbar machen. Von außen unsichtbare Strukturen wie Stürze, Ringanker oder Fachwerkbalken, Durchfeuchtungen oder eine mangelhafte Wärmedämmung treten damit ans Tageslicht. Gebäude oder Bauteile können ohne Zerstörung untersucht werden, was besonders bei historischen oder denkmalgeschützten Gebäuden wichtig ist. Mittels aktiver Thermografie können zudem Metall- oder Holzstrukturen hinter einer Gipskartonwand oder feucht gewordene Wärmedämmverbundsysteme sichtbar gemacht werden, ohne dass ein punktuelles Öffnen der Fassade nötig ist.
Wann lohnt sich eine Thermografie?
Eine fachmännische Thermografie macht etwaige Schwachstellen eines Gebäudes wie undichte Stellen oder eine fehlerhafte Dämmung sichtbar. Die durch diese entweichende Wärme bedeutet eine Energie- und Geldverschwendung sowie eine unnötige Umweltbelastung. Grundsätzlich kann man sagen: Je älter ein Gebäude, desto höher die Wahrscheinlichkeit ungenügender Dämmung. Über die Außenwände eines in den 1940er Jahren errichteten Gebäudes entweicht im Schnitt 3,5-mal so viel Wärme wie über die eines Gebäudes, das nach 1995 gebaut wurde. Alte Rohrleitungen, Fenster und Türen, Übergänge von Dächern, Wänden und Balkonen sowie Geschossdecken gehören dabei zu den üblichen Verdächtigen.
Ob Sommer oder Winter, ohne fachmännische Thermografie kann kein Energieberater exakt bestimmen, wo man in Sachen Erhöhung der Energieeffizienz am besten ansetzt. Auch wenn das Dämmen von Heizungsrohren grundsätzlich sinnvoll ist, müssen teure Sanierungsmaßnahmen wie der Einbau neuer Fenster oder der Austausch der Dämmung meist priorisiert werden. Eine der beliebtesten Sanierungsmaßnahmen ist der Heizkesseltausch, dieser macht jedoch wenig Sinn, wenn über undichte Fenster und das Dach massiv Wärme verloren geht.
Geht es darum, zwischen Fassadendämmung, Heizungsoptimierung, Fenstertausch, Dachdämmung oder Heizkesseltausch zu entscheiden, ist eine Thermografie unverzichtbar, um sicherzustellen, dass man mit der effektivsten Maßnahme beginnt.
Das Fazit
Wärmebilder sind mittlerweile zum Synonym für energieeffizientes Bauen und Sanieren geworden. Passive Bauthermografie hat nur im Winter Saison, da die Temperaturunterschiede zwischen Außen und Innen mindestens 10°C betragen sollen. Mittlerweile ist Thermografie im Sommer durchaus machbar, in einigen Fällen bringt sie sogar Vorteile mit sich. Neben einer ausgezeichneten Wärmekamera bedarf Thermografie vor allem Fachwissen und Erfahrung, damit die Wärmebilder korrekt interpretiert werden und aus ihnen ein Nutzen gezogen werden kann.